«Wahres Wachstum beginnt ausserhalb der Komfortzone» – das Motto eines jungen Machers

Vom HF-Abschluss zum MBA in Bangkok: Mit 26 hat Pascal Gallina internationale Projekte geleitet, studiert jetzt an einer Top-Business-School in Thailand und zeigt, wie praxisnahe Bildung weltweit Türen öffnet. Im Interview spricht er über seinen Weg, seine Motivation und warum der ODEC für ihn ein entscheidender Begleiter war.
Von Jsabelle Tschanen
Pascal Gallina, bis vor Kurzem waren Sie als Projektleiter bei der Firma TECO Engineering AG tätig. Welche Aufgaben und Verantwortungsbereiche hatten Sie dort?
Bei der TECO Engineering AG durfte ich umfassende Verantwortung im Bereich von Automationsprojekten im In- und Ausland übernehmen. Meine Hauptaufgabe war die Gesamtleitung von Automationsprojekten, von der Konzeption bis zur Inbetriebnahme. Dies umfasste nicht nur die technische Führung, sondern auch die Koordination und Sicherstellung des Projekterfolgs. Parallel dazu war ich verantwortlich für die Entwicklung und Programmierung von SPS-Software für unsere Kunden. Das Spektrum reichte von kleineren Anpassungen bis hin zur Realisierung komplexer Gesamtanlagen. Diese Rolle ermöglichte es mir, meine technische Expertise mit Projektmanagement- und Führungsaufgaben zu verknüpfen.
Sie haben ein Studium in Systemtechnik HF abgeschlossen. Welche Erfahrungen aus diesem Studium haben Sie in Ihrer beruflichen Tätigkeit besonders weitergebracht?
Das HF-Studium war für mich persönlich ein absoluter Gewinn und ein entscheidender Schritt in meiner Karriere. Der praxisnahe Ansatz ist hierbei der grösste Vorteil. Wir haben nicht nur theoretisches Wissen vermittelt bekommen, sondern uns intensiv mit realen Herausforderungen und Projekten aus der Industrie auseinandergesetzt. Der Austausch mit meinen Mitstudierenden, die wie ich bereits mitten im Berufsleben standen, war sehr wertvoll. Diese Lernumgebung, in der wir uns gegenseitig mit unseren beruflichen Erfahrungen bereichern konnten, hat mein Verständnis und meine Problemlösungskompetenzen enorm gefördert.
Der grösste Vorteil der HF im Vergleich zu anderen Studienwegen ist meiner Meinung nach jedoch, dass es möglich ist, Berufserfahrung parallel zum Studium zu sammeln. Dies verschafft HF-Diplomierten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt, da wir nicht nur über fundiertes Fachwissen, sondern auch über bewährte Praxisreife verfügen.
Würden Sie das HF-Studium weiterempfehlen und welche Tipps würden Sie jungen Berufsleuten mitgeben, die sich für diese Ausbildung interessieren?
Das HF-Studium würde ich definitiv weiterempfehlen. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Schweizer Bildungssystem mit seiner starken Berufslehre als Fundament und den darauf aufbauenden Höheren Fachschulen ein weltweit einzigartiges und äusserst erfolgreiches Modell darstellt. Leider wird die Berufslehre und damit auch die HF manchmal unterschätzt oder als zweitrangige Option gegenüber einem Hochschulstudium angesehen. Das ist bedauerlich, denn genau dieses System ist unsere Stärke und sichert den Nachwuchs an hoch qualifizierten Fachkräften, die wissen, wie man Dinge anpackt.
Für junge Berufsleute, die sich für eine HF interessieren, würde ich vor allem betonen, dass ihre bereits gesammelte Berufserfahrung ein unschätzbarer Vorteil ist. Die HF baut genau darauf auf und vertieft ihr Wissen dort, wo es in der Praxis wirklich zählt. Zudem ist der Austausch mit ihren Mitstudierenden enorm bereichernd, da sie alle unterschiedliche berufliche Hintergründe und Erfahrungen mitbringen und gemeinsam an realen Problemstellungen arbeiten. Dadurch sind sie optimal auf die direkten Anforderungen der Wirtschaft vorbereitet und können ihr Wissen sofort anwenden.
Kaum ist dieses Studium abgeschlossen, starten Sie in einen Master of Business Administration. Was waren Ihre Beweggründe für diesen nächsten Schritt?
Der Gedanke, einen MBA zu absolvieren, reifte bereits im letzten Jahr meines HF-Studiums in mir. Ich habe schon seit meiner Berufslehre ein grosses Interesse an der Funktionsweise globaler und unternehmerischer Finanzstrukturen gehabt. Parallel dazu fasziniert mich die Führung und Entwicklung von Menschen. Ich empfinde es als äusserst bereichernd, Teams zu motivieren, Ziele zu erreichen und gemeinsam erfolgreich zu sein. Diese Freude an der Zusammenarbeit im Team kommt sicherlich auch von meiner langjährigen Erfahrung im Eishockey, wo Teamwork entscheidend ist.
Ein MBA war für mich die ideale Kombination, um meine ausgeprägte technische Expertise mit umfassendem Wissen in Betriebswirtschaft und Management zu verbinden. Es geht mir darum, nicht nur Produkte zu entwickeln, sondern auch die strategischen und ökonomischen Zusammenhänge zu verstehen, um langfristig wertschöpfende Entscheidungen treffen zu können.
Warum fiel Ihre Wahl auf ein Auslandsstudium – und speziell auf die Sasin School of Management in Bangkok?
Als Aviatik-Enthusiast und Globetrotter habe ich in den letzten Jahren viel von der Welt sehen dürfen. Bangkok faszinierte mich bereits bei meinem ersten Besuch vor fast einem Jahrzehnt – die Energie, die Dynamik, das Essen. Deshalb habe ich auf meinen Reisen rund um den Globus immer wieder einen Abstecher dorthin gemacht.
Ich versuche mich im Leben oft mit dem Spruch «Seek Discomfort» zu motivieren – die Überzeugung, dass wahres Wachstum dann stattfindet, wenn man seine Komfortzone verlässt. Wenn man morgens aufsteht und sich in seinem Tun zu wohl fühlt, ist es oft ein Zeichen, dass es Zeit ist für eine Veränderung.
Die Entscheidung für ein Auslandsstudium, insbesondere für Asien, war für mich ein sorgfältig überlegter und geplanter nächster Schritt in meiner persönlichen und beruflichen Entwicklung. Ich hatte schon länger den Wunsch, im Ausland zu leben und zu arbeiten, um meinen Horizont zu erweitern und mich neuen Herausforderungen zu stellen. Asien bietet dabei eine enorme Vielfalt an Kulturen und eine beeindruckende wirtschaftliche Dynamik.
Am Ende entschied ich mich dann – neben einer Universität in Shanghai und einer in Hongkong – für die Sasin School of Management in Bangkok. Sie ist Thailands führende Business School und wurde in Zusammenarbeit mit den renommierten US-Universitäten Wharton und Kellogg gegründet. Sasin ist auch international sehr gut vernetzt, so machen zum Beispiel Studierende der Universität St. Gallen hier ihre Austauschsemester, was die Qualität und internationale Vernetzung der Schule unterstreicht. Obwohl die Wahl einer Universität in Bangkok für viele eine eher exotische Entscheidung sein mag, überzeugte mich Sasin mit ihrem internationalen Ruf, ihrem Curriculum und ihrem starken Alumni-Netzwerk.
Sie sind erst 26 Jahre alt und haben bereits vieles erreicht und geben auf allen Gebieten Gas. Was ist Ihr Antrieb?
Von klein auf bin ich sehr neugierig. Von der ständigen Entwicklung neuer Technologien und der rasanten Veränderung unserer Welt in den letzten Jahrzehnten bin ich fasziniert. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese in dieser Form weitergehen werden und vor allem auf niemanden warten.
Zudem leben wir in einer Zeit, die von grossen geopolitischen Herausforderungen und der dringenden Notwendigkeit geprägt ist, uns dem Klimawandel und der Nachhaltigkeit zu stellen. Genau hier sehe ich die Rolle unserer Generation: Wir dürfen nicht nur beobachten und kritisieren, sondern müssen aktiv mitgestalten und positive Veränderungen vorantreiben. Es ist mir dabei wichtig, meinen Beitrag dazu zu leisten und Lösungen zu entwickeln, die sowohl technologisch fortschrittlich als auch gesellschaftlich verantwortlich sind.
Gab es während Ihres Werdegangs eine besonders prägende Erfahrung, die Ihren Karriereweg beeinflusst hat?
Ich bin der Meinung, dass man nicht alles im Leben und in der Karriere bis ins kleinste Detail planen kann und auch nicht sollte. Oftmals ergeben sich die besten Chancen, wenn man offen bleibt und intuitiv auf die Gegebenheiten reagiert. Es ist ein Weg, den man Schritt für Schritt gehen sollte, und dann geht immer eine Tür auf. Diese eher flexible Herangehensweise hat mich bisher immer an die richtigen Orte geführt und mir ermöglicht, Gelegenheiten zu ergreifen, die ich ursprünglich vielleicht gar nicht auf dem Radar hatte.
Wie gelingt Ihnen bei diesem Tempo die Balance zwischen Beruf, Studium und Privatleben? Bleibt auch Zeit für Familie, Freunde oder Hobbys?
Während meiner HF-Zeit, in der ich parallel Vollzeit gearbeitet habe, war es nicht immer ganz einfach, die Balance zu finden. Ich bin aber der Meinung, dass es mir sehr gut gelungen ist. Natürlich gab es Phasen während des Studiums, in denen man auf gewisse Dinge verzichten musste oder weniger Zeit für Hobbys hatte. Der Schlüssel liegt in der eigenen Motivation und einem gewissen Durchhaltewillen. Meine Familie und meine Freunde sind mir sehr wichtig, und ich achte darauf, bewusst Zeit für sie einzuplanen. Meine Leidenschaften wie Reisen, Finanzthemen, das Schauen von NHL-Spielen oder das Hören von Podcasts bieten mir dabei den nötigen Ausgleich und neue Energie.
Welche beruflichen oder persönlichen Ziele haben Sie sich nach dem MBA gesetzt? Gibt es schon konkrete Pläne?
Einen konkreten Plan habe ich bewusst noch nicht festgelegt. Ich möchte die während des MBA gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse zuerst auf mich wirken lassen und bin sehr offen für die Möglichkeiten, die sich mir eröffnen werden. Zudem kenne ich den lokalen Arbeitsmarkt hier in Bangkok und Asien noch nicht so genau, was ein weiterer spannender Aspekt sein wird bei der Jobsuche.
Aktuell liebäugle ich damit, entweder der Technikbranche treu zu bleiben und eine Führungsposition im Bereich Technologie und Innovation einzunehmen oder den Weg ins Management eines international agierenden Unternehmens zu gehen. Die Zusammenarbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen schätze ich sehr, und ich sehe meine Stärken in der Verknüpfung von technologischem Verständnis mit strategischer Führung. Mein Ziel ist es, in einer Rolle zu wirken, in der ich einen positiven Einfluss haben und innovative Lösungen vorantreiben kann, die über rein technische Aspekte hinausgehen.
In Beiträgen auf Social Media erwähnen Sie den ODEC lobend und heben unsere Dienstleistungen hervor. Wie sind Sie auf den Verband aufmerksam geworden – und in welchen Bereichen konnten Sie bisher konkret profitieren?
Auf den ODEC wurde ich an der Diplomfeier meines HF-Studiums Systemtechnik aufmerksam, wo der Verband präsent war. Meine Mitgliedschaft erfolgte dann proaktiv, als ich konkrete Pläne für mein Auslandsstudium fasste.
Der ODEC hat für mich eine absolut entscheidende Rolle gespielt, um mein MBA-Studium in Bangkok überhaupt erst zu ermöglichen. Die Zulassungsvoraussetzungen für die meisten Masterstudiengänge im Ausland fordern in der Regel einen Bachelor-Abschluss. Obwohl der HF-Abschluss gemäss europäischem Bildungsniveau (EQR-Stufe 6) einem Bachelor gleichgestellt ist, ist die Anerkennung im Ausland unter dem spezifischen Titel «Dipl. Systemtechniker HF» eine Herausforderung.
Das Zertifikat «Professional Bachelor ODEC» und das beigefügte Beiblatt, das die Gleichwertigkeit des HF-Abschlusses international verständlich darlegt, waren für die Universitäten, die ich angefragt habe (Hongkong, China, Thailand), entscheidend für die Anerkennung. Ohne diese Dokumentation wäre der Zugang zu meinem gewünschten MBA-Studium in Bangkok wohl kaum möglich gewesen.
Dieses Erlebnis hat mir auch die Augen geöffnet für die Herausforderungen, mit denen junge HF-Diplomierte bei internationalen Bewerbungen konfrontiert sein könnten. Der ODEC leistet hier unverzichtbare Arbeit, indem er die Wertigkeit unserer Abschlüsse im Ausland sichtbar macht und somit Türen öffnet – nicht nur für Weiterbildungen, sondern potenziell auch für berufliche Karrieren jenseits der Schweizer Grenzen. Ich bin sehr dankbar für diese Unterstützung und sehe den ODEC als wichtigen Brückenbauer für HF-Absolventen und -Absolventinnen in der globalen Arbeitswelt.
Steckbrief
Name: Pascal Gallina
Jahrgang: 1999
Wohnort: Bangkok, Thailand
ODEC-Mitglied: seit 2024
Aktuelle berufliche Tätigkeit: MBA-Student an der Sasin
School of Management (ehemaliger Projektleiter Automation)
Lehre: Automatiker EFZ
HF-Studium: Systemtechnik
Weiterbildung: Master of Business Administration (MBA) an der Sasin School of Management
Hobbys: Reisen, Aviatik, Finanzthemen, Eishockey