Internationale Berufsbildung – vom Vorbild zum Wegbereiter

Nepal Higher Secondaray School

 

Das Schweizer Berufsbildungssystem ist ein Erfolgsmodell. Davon profitiert auch das Ausland: Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA fördert die Berufsbildung in ihren 21 Schwerpunktländern. Etwa in Nepal, das derzeit nach Wegen sucht, die Berufsbildung besser zu steuern.

Nepal hat ein Jahrzehnt einschneidender Veränderungen hinter sich: 2008 wurde aus der Monarchie eine Republik, 2015 erhielt das Land eine neue Verfassung. Diese will Nepal föderalisieren, indem es zahlreiche Bereiche dezentralisiert. Dazu gehört auch die Primar- und Sekundarschule. Da die Verfassung nicht zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung unterscheidet, liess die DEZA im Jahr 2017 ein Gutachten erstellen. Damit beauftragt wurde die Bildungsforscherin Ursula Renold von der ETH Zürich, die auch regelmässig Berichte fürs ODEC-Bulletin verfasst. Die Hauptfrage lautete: Wie kann Nepal seine Berufsbildung in einem föderalen System am besten organisieren?
Ursula Renold und ihre Postdoktorandin Katie Caves analysierten die neue Verfassung bezüglich der Berufsbildung und eruierten, wie Nepal die Berufsbildung im Zuge der Föderalisierung am besten organisieren würde. Dabei orientierten sie sich an den Prinzipien, die ein gutes Berufsbildungssystem ausmachen: gute Governance, Koppelung zwischen den Akteuren des Bildungs- und des Beschäftigungssystems, Durchlässigkeit und Qualität. Bei der Einführung einer neuen Verfassung steht insbesondere die Governance, also die Steuerung, im Vordergrund.


Standards setzen statt Details regeln
Zusammen mit nepalesischen Bildungsexperten stellte Renold fest, dass Nepal aktuell über ein fragmentiertes, input-orientiertes Berufsbildungswesen verfügt, in dem zahlreiche Ministerien, Agenturen und Institutionen eine Rolle spielen. Input-orientierte Governance bedeutet, dass die oberste Behörde sämtliche Details reguliert, also zum Beispiel, welche Lehrbücher zu verwenden sind. Renold ermittelte, dass sich die lokalen Experten in den nächsten 15 Jahren einen Übergang zur koordinierten, output-orientierten Governance wünschen – zur Steuerung mittels Anreizen, etwa der Finanzierung pro Lernendem oder dem Setzen von Qualitätsstandards. Die oberste Behörde definiert also die Leitlinien, während die untergeordneten Behörden diese nach eigenem Ermessen umsetzen.
Aus ihrer Analyse formulierten die Schweizer Bildungsexpertinnen eine Empfehlung an Nepal: Es braucht ein eigenes Berufsbildungsgesetz. Darin ist die Verbundpartnerschaft zwischen Bildung und Wirtschaft sowie die Koordination der verschiedenen Gremien geregelt. Ein erster Schritt auf dem Weg zu einem effizienteren Berufsbildungssystem. Ursula Renold wird Nepal weiterhin zur Seite stehen – forschend und beratend.