Einblick in die Welt der Weinbautechnik HF

Weinbautechnik

Wissen Sie, was es braucht, um einen Wein herzustellen, der nicht nur mundet, sondern auch im Markt überzeugt? Hinter jedem guten Tropfen steckt fundiertes Know-how, von der Produktion über die Unternehmensführung bis hin zu Marketing und Verkauf. Dr. Claude Gerwig, Bereichsleiter der HF-Weinbautechnik am Strickhof Wädenswil, gibt Einblick in das Studium und zeigt, wie angehende Fachkräfte auf die erfolgreiche Leitung moderner Weingüter vorbereitet werden.

Von Jsabelle Tschanen

Weinbautechnik HF: Führungskompetenz und Verantwortung

Das Ziel des Lehrgangs ist für Claude Gerwig klar: «Absolvierende sollen befähigt werden, ein Weingut erfolgreich zu führen und weiterentwickeln zu können. Der Fokus liegt ebenso auf der Produktionstechnik wie auf betriebswirtschaftlichen Themen, von der Unternehmensführung und -entwicklung über Kalkulationen bis hin zu Marketing und Verkauf.»

Die Ausbildung richte sich dabei insbesondere an angehende Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter von Weingütern, meist Familienbetriebe, in denen der Aufgabenbereich besonders breit gefächert sei, führt Claude Gerwig weiter aus. Betriebsleitende tragen die Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette, vom gesunden, lebendigen Boden über vitale Rebstöcke bis hin zur einwandfreien Traubenernte. Auch die Verarbeitung im Keller gehöre dazu, schliesslich soll ein Genussprodukt entstehen, das die Handschrift des Terroirs trage. «In der Verantwortung der Betriebsleitenden sind auch das Marketing der Produkte und letztlich der erfolgreiche Verkauf», betont der Bereichsleiter des Strickhofs weiter.

Zulassung zum HF-Diplom Weinbautechnik

Voraussetzung für den Einstieg in die HF-Ausbildung ist in der Regel ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Winzer/in oder Weintechnolog/in sowie Praxiserfahrung. Auch Quereinsteigende mit entsprechender beruflicher Erfahrung und Bildungsabschlüssen können über ein individuelles Aufnahmeverfahren «sur Dossier» zugelassen werden. Hierzu sagt Gerwig: «Diese Aufnahme ist jedoch immer individuell zu besprechen und auszumachen.»

Karrieremöglichkeiten

Die Karriereaussichten für Weinbautechniker/innen HF sind vielseitig. Neben Kaderfunktionen innerhalb der grossen Unternehmen der Weinproduktion können HF-Diplomierte Weinbautechnik auch Leitungsfunktionen in Forschung einnehmen oder sich in der Branche politisch engagieren. Die meisten Absolvierenden entscheiden sich dafür, ein eigenes Weingut zu übernehmen oder ein gepachtetes zu führen.

Dabei arbeiten sie eng mit spezialisierten Fachpersonen aus anderen Bereichen zusammen. Bereits während der Ausbildung findet ein Austausch mit Fachleuten aus der Lebensmitteltechnologie und der Landwirtschaft statt. Später gehören unter anderem auch spezialisierte Fachpersonen aus Maschinenbau, Pflanzenschutz, Drohnenflug, der Lebensmittelverarbeitung, Gastronomie und dem Eventmanagement zum erweiterten Netzwerk.

Zukunftsthemen im Fokus

«Wir haben den Lehrgang vor zehn Jahren gestartet und seither laufend verändert», so Gerwig. «Die Entwicklung des Lehrgangs ist uns ein wichtiges Anliegen, auch im Zusammenhang mit den Feedbacks der Studierenden, der Branche und der Lehrkräfte.» Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Klimawandel spielen eine immer grössere Rolle. «Die Herausforderung, gesunde Trauben zu produzieren und daraus einen Wein zu machen, der der Kundschaft Genuss bereitet, steht immer im Vordergrund.» Diskutiert werden dabei Aspekte wie Anbausysteme, Sortenwahl, Pflanzenschutz, ökologisches Gleichgewicht, Arbeitssicherheit, Verarbeitung und Konsumtrends. Ausserdem seien immer auch Entwicklungen im technischen Fortschritt im Kontext mit der Unternehmensgrösse zu prüfen. Kurz gesagt: Die VUCA-Welt¹ wirke stark auf die Weinwelt und damit auch auf den Lehrgang HF-Weinbautechnik.

Für die Zukunft wünscht sich Claude Gerwig weiterhin engagierte Menschen, die mit Leidenschaft und Fachwissen dazu beitragen, auch kommende Generationen mit hervorragendem Wein zu versorgen und dabei durch die Pflege der Rebberge die vielfältige Kulturlandschaft zu erhalten. «Wir stehen sowohl Berufsleuten mit Grundbildungsabschluss offen gegenüber als auch motivierten Quereinsteigenden mit entsprechender Praxiserfahrung und grossem Interesse an der Branche», unterstreicht Gerwig abschliessend.

 ¹VUCA: Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity

 

Serie «Vorstellung von Fachrichtungen HF»

Es gibt über 55 HF-Fachrichtungen, alle mit hohen Ausbildungsstandards. In jedem Bulletin stellen wir eine davon vor.

In der Schweiz bieten zwei Bildungsinstitutionen die Ausbildung «Weinbautechnik HF» an:
• Changins Nyon, Vollzeit, www.changins.ch
• Strickhof in Wädenswil, berufsbegleitend (Dauer drei Jahre; für Berufsleute, die bereits im Weinbau tätig sind), www.strickhof.ch