Die Stufe HF bleibt in Bewegung

Shape Future

Was ausschliesslich als Projekt «Positionierung HF» begann, unterstützt durch jahrelange Forderungen vom ODEC, kommt nun der gesamten höheren Berufsbildung zugute. Ein neues Thema wird nun in einer Interpellation von Nationalrat Philipp Kutter aufgegriffen und betrifft direkt die Höheren Fachschulen.


Von Urs Gassmann


Projekt «Positionierung HF» Anpassungen beim BBG und der BBV

Das Projekt «Positionierung HF» hat letztlich zu einem Massnahmenpaket zur Stärkung der höheren Berufsbildung geführt. Aktuell laufen die Vernehmlassungen zu den Änderungen beim Berufsbildungsgesetz BBG und in der Berufsbildungsverordnung BBV. Vernehmlassungen stellen immer eine Quelle von Informationen und Sichtweisen dar, denn keine Vernehmlassung ohne erläuternde Berichte. Dieser Bericht umfasst 36 Seiten, nachfolgend einige Auszüge daraus:

«Mit der vorliegenden Vernehmlassungsvorlage soll die Attraktivität der höheren Berufsbildung erhöht werden. Dazu braucht es eine Verbesserung der Bekanntheit, Sichtbarkeit und des gesellschaftlichen Ansehens der Höheren Fachschulen sowie der höheren Berufsbildung insgesamt.

Vier einzelne Massnahmen werden angegangen:

«Verankerung eines Bezeichnungsrechts ‹Höhere Fachschule› für eine bessere Sichtbarkeit der Anbieter von Bildungsgängen HF. Nur wer einen anerkannten Bildungsgang HF anbietet, soll sich künftig ‹Höhere Fachschule› nennen dürfen.»

«Einführung der Titelzusätze ‹Professional Bachelor› und ‹Professional Master› für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung mit dem Ziel, ein klares Signal für deren Tertiarität zu setzen. Zur Abgrenzung zu den Hochschulabschlüssen darf der Zusatz nur in Verbindung mit dem vollständigen geschützten Titel oder der vollständigen englischen Übersetzung des jeweiligen Abschlusses verwendet werden. Es sind Strafbestimmungen vorgesehen, wenn die Titelzusätze alleine getragen werden.»

«Einführung von Englisch als mögliche zusätzliche Prüfungssprache bei eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen. Um die Amtssprachen nicht zu verdrängen, müssen die Prüfungen weiterhin jeweils auch in den Amtssprachen angeboten werden.»

«Flexibilisierung des Angebots bei Nachdiplomstudien höherer Fachschulen (NDS HF). Diese sollen zukünftig kein Anerkennungsverfahren des Bundes mehr durchlaufen müssen.» Diese werden aber in zu einem späteren Zeitpunkt in den «MiVo-HF» geregelt.

Bei den Massnahmen handelt es sich um Optimierungen, die das Bildungssystem nicht grundlegend verändern. Auch erfordert die Umsetzung keine zusätzlichen finanziellen Mittel. Entsprechend sind nur geringfügige Auswirkungen auf die Akteure zu erwarten.

Bei dieser Aussage ist die Frage berechtigt, warum die Ausarbeitung so viel Zeit in Anspruch genommen hat. Der Wirtschaft fehlen die praktisch ausgebildeten Fachkräfte schon seit vielen Jahren und die Forderungen lagen schon lange vor dem «Projekt HF» auf dem Tisch.

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Auswirkung der Wahl des Bildungsabschlusses

Im Bericht wird ebenfalls erwähnt, welche Abschlüsse von Studierenden bevorzugt werden und welche Auswirkungen sich daraus ergeben:

«Ein Vergleich der Abschlusszahlen innerhalb des Tertiärbereichs zeigt, dass in den letzten Jahren die Hochschulabschlüsse schneller angestiegen sind als diejenigen der höheren Berufsbildung. Zudem ist zu beobachten, dass Jugendliche und ihre Eltern den allgemeinbildenden Weg mit Ziel eines Hochschulabschlusses tendenziell als erstrebenswerter erachten als eine berufliche Grundbildung. Der Wirtschaft fehlen damit berufspraktisch ausgebildete Fachkräfte.»

Interpellation von Nationalrat Philipp Kutter

Nationalrat Philipp Kutter nimmt diese Entwicklung der Tertiärbildungsabschlüsse in seiner Interpellation auf, mit einem etwas weniger bekanntem Thema. Nachfolgend den gesamten Wortlaut der Interpellation 24.3444:

«Höhere Fachschulen werden von Fachhochschulinstituten ausländischer Investorengruppen verdrängt

Die von der Schweizer KMU-Wirtschaft so geschätzte höhere Berufsbildung verliert gegenüber der Hochschulbildung immer mehr an Boden. Trotzdem ist es den Höheren Fachschulen weiterhin nicht erlaubt, nach einem mehrjährigen, ausgesprochen anspruchsvollen Anerkennungsverfahren, den erfolgreichen Absolvent/innen eines Bildungsgangs den so begehrten und international verständlichen Bachelor-Professional-Titel abzugeben. Ausländische Investorengruppen, die in der Schweiz Hotelfachschulen für internationale Studierende betreiben, sind an der HF-Stufe nicht mehr interessiert, da sie die Anerkennungsverfahren der Bildungsgänge als langwierig und die Abschlüsse als unattraktiv für ihr Zielpublikum betrachten. Das HFKG* eröffnet ihnen die praktische Möglichkeit, sich als Fachhochschulinstitut hochoffiziell als schweizerische Bildungsinstitution akkreditieren zu lassen. Damit ist selbstverständlich auch das Recht verbunden, gemäss Art. 62 HFKG geschützte Bachelor- und Master-Titel abzugeben.

Diese vom Bund gewährte Abkürzung wird von immer mehr kommerziellen ausländischen Bildungsanbieter/innen gerne in Anspruch genommen. Englischsprachige Programme von nationalen Höheren Fachschulen, wie z. B. der renommierten Schweizerischen Hotelfachschule in Luzern, bleiben in diesem höchst ungleichen Wettbewerb auf der Strecke.

Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Welche Strategie verfolgt der Bund, um die Stärken des schweizerischen Berufsbildungssystems zu erhalten und der Abwanderung von Bildungsanbieter/innen und Studierenden in den Hochschulbereich Einhalt zu gebieten?

2. Wie stellt der Bund angesichts der grassierenden Zahl von Fachhochschulinstituten – betrieben durch ausländische Investorengruppen – die Qualität im Hochschul- und insbesondere Forschungsbereich sowie den Zusammenhalt im schweizerischen Bildungswesen sicher?

3. Verfolgt der Bund die Strategie, mit der einfachen Zulassung von FH-Instituten, den Eintritt in den Bewerbungsprozess bei Unternehmen und damit in den schweizerischen Arbeitsmarkt verstärkt über Fachhochschulabschlüsse zu öffnen?

4. Ist es im Interesse des Bundes, wenn jetzt auch Höhere Fachschulen eine Akkreditierung als Fachhochschulinstitut anstreben, weil ihnen diese erlauben würde, neue Bildungsprogramme viel rascher und mit gefragteren Titeln am Markt anzubieten?»

Auf die Antworten des Bundes sind wir gespannt, wie er sich offiziell zur höheren Berufsbildung und zu den Höheren Fachschulen bekennt und wie der Vergleich zu den Aussagen im erläuternden Bericht ausfallen wird. Wir werden darüber berichten.

*HFKG: Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz